Alltag mit MG

Myasthenia gravis – was ist das eigentlich?

Die Myasthenia gravis („schwere Muskelschwäche“) ist eine der am besten erforschten Autoimmunerkrankungen. Typisches Kennzeichen der Krankheit ist die Muskelschwäche, die unter Belastung deutlich schlechter wird und sich in Ruhe wieder bessert. Abhängig vom Krankheitsverlauf tritt die Muskelschwäche in unterschiedlichen Körperregionen auf.

Autoimmunerkrankungen kurz erklärt

Bei Autoimmunerkrankungen greift das Immunsystem körpereigene Bestandteile an. Diese Krankheiten sind nicht ansteckend. Manche Betroffene sind erblich vorbelastet, in vielen Fällen sind die Entstehungsursachen jedoch noch weitgehend ungeklärt.

Myasthenia gravis: seltene Erkrankung mit wirksamen Therapiemöglichkeiten 

Die Myasthenia gravis gehört zu den seltenen Erkrankungen. Davon betroffen sind zwischen vier und zwölf Personen pro eine Million Einwohner. Es wird vermutet, dass in Deutschland 8.000 bis 12.000 Menschen mit Myasthenia gravis leben, aktuelle Schätzungen gehen sogar von 15.000 Betroffenen aus. Die Erkrankung betrifft Männer zumeist ab dem 50. Lebensjahr, bei Frauen beginnt sie häufig vor dem 40. Lebensjahr. Sehr selten können auch Kinder unter der Erkrankung leiden. Mittlerweile steht eine Vielzahl von Therapieoptionen zur Verfügung, sodass die Myasthenia gravis heute bei den meisten Betroffenen gut behandelt werden kann.

Dementsprechend ambitioniert sind mittlerweile die Therapieziele: Im Vordergrund steht eine weitgehende Beschwerdefreiheit bei guter Verträglichkeit der Therapie. Dieses Ziel wird mit den bestehenden Therapien aber nicht immer erreicht. Betroffene erhalten die richtige Diagnose zudem oft erst mit mehrjähriger Verzögerung. Die Lebenserwartung bei Myasthenia gravis ist zumeist nicht eingeschränkt.

Was sind die Ursachen der Myasthenia gravis?

Ursache der Myasthenia gravis ist eine gestörte Impulsübertragung an der Kontaktstelle zwischen Nerv und Muskel, der sogenannten neuromuskulären Endplatte. Der Grund für die gestörte Impulsübertragung liegt in einer fehlgesteuerten Reaktion des Immunsystems. Dabei bildet das Immunsystem Abwehrstoffe (Antikörper) gegen Bestandteile der neuromuskulären Endplatte. Bestimmte Antikörper blockieren oder verändern  Andockstellen, sogenannte Rezeptoren, für den Botenstoff Acetylcholin, der an der Steuerung der Muskulatur einen wesentlichen Anteil hat. Acetylcholin kann seine Wirkung folglich nicht mehr voll entfalten. Bei manchen Betroffenen werden auch Antikörper gegen andere Bestandteile der Endplatte gebildet, die mit den Abkürzungen MuSK  oder auch LRP4 bezeichnet werden.

Wie funktioniert die Kommunikation zwischen Nerven und Muskeln an der neuromuskulären Endplatte?

Beides im Bild also Muskel und Nerv bildet die Synapse, der Strich beiSynapse müsste also entfernt werden Beides im Bild also Muskel und Nerv bildet die Synapse, der Strich beiSynapse müsste also entfernt werden Beides im Bild also Muskel und Nerv bildet die Synapse, der Strich beiSynapse müsste also entfernt werden

Die sogenannte neuromuskuläre Endplatte ist der Übergang zwischen Nerv und Muskelfaser. Um den Muskel zu einer Bewegung anzuregen, muss der elektrische Impuls aus dem Rückenmark in ein chemisches Signal umgewandelt werden. Dies geschieht, indem als Folge eines elektrischen Impulses an der Endigung der Nervenzelle der Botenstoff Acetylcholin in den Spalt zwischen Nerv und Muskelfaser freigesetzt wird. Acetylcholin dockt daraufhin an den Acetylcholin-Rezeptoren an, dadurch wird das Signal zur Muskelkontraktion ausgelöst.

Mehr zur Entstehung und den Ursachen der häufigsten Form der Myasthenia gravis, der sogenannten Anti-Acetylcholin-Rezeptor-Antikörper-positiven generalisierten Myasthenia gravis, erfährst Du im Video.

Rolle der Thymusdrüse 

Eine wichtige Rolle bei Myasthenia gravis spielt die Thymusdrüse, ein Organ des Immunsystems. Die Thymusdrüse liegt hinter dem Brustbein und bildet sich bei gesunden Menschen ab dem Jugendalter zurück. Bei Myasthenia gravis kann sie hingegen vergrößert sein oder Tumore bilden, die sogenannten Thymome. Bei vielen Betroffenen ist es daher sinnvoll, die Thymusdrüse im Zuge einer Operation zu entfernen.

Welche Formen der Myasthenia gravis gibt es? 

Die Myasthenia gravis kann nach unterschiedlichen Kriterien eingeteilt werden, z. B. nach den betroffenen Muskeln, oder aber auf Basis der im Blut gefundenen Antikörper, des Patientenalters sowie dem Vorliegen von Tumoren der Thymusdrüse.

Einteilung nach den betroffenen Muskeln

Man unterscheidet bei der Myasthenia gravis abhängig von den betroffenen Muskeln eine Form, die vor allem die Augen betrifft (okuläre Form) und eine Form, die die gesamte Skelettmuskulatur betreffen kann (generalisierte Form).

Manche Betroffene leiden ausschließlich an einer Muskelschwäche im Bereich der Augen. Typische Beschwerden sind in diesen Fällen Doppelbilder und hängende Augenlider. Allerdings besteht bei diesen Patienten das Risiko, bereits früh eine generalisierte Myasthenia gravis zu entwickeln. Bleibt die Erkrankung über mehr als zwei Jahre auf die Augenmuskulatur beschränkt, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht weiter fortschreitet, bei ca. 90 Prozent. Etwa die Hälfte dieser Betroffenen hat Antikörper gegen Acetylcholin-Rezeptoren in ihrem Blut, Antikörper gegen MuSK sind hingegen sehr selten. Eine Schwäche der äußeren Augenmuskeln ist häufig auf einer Seite stärker ausgeprägt als auf der anderen.

Bei der generalisierten Myasthenia gravis können alle Muskeln des Körpers, mit Ausnahme der Muskulatur innerer Organe wie z. B. des Darms oder des Herzens, betroffen sein. Patienten mit generalisierter Myasthenia gravis können neben Doppelbildern und hängenden Augenlidern unter Schwierigkeiten beim Sprechen und Schlucken, einer Schwäche der Nackenmuskulatur, der Atemmuskulatur sowie den Muskeln an Armen und Beinen leiden. Bei der generalisierten Form der Erkrankung ist die Muskelschwäche von Armen und Beinen meist auf beiden Körperseiten gleich stark ausgeprägt.

Einteilung nach Antikörpern, Patientenalter und Tumoren der Thymusdrüse

Die Myasthenia gravis lässt sich zudem abhängig von den zugrunde liegenden Mechanismen in verschiedene Untergruppen einteilen. Dabei wird das Blut Betroffener auf bestimmte Arten von Antikörpern untersucht oder geprüft, ob Tumoren der Thymusdrüse vorliegen. Diese Einteilung kann für die Entscheidung der passenden Behandlung eine wichtige Rolle spielen.

Diese Form der Erkrankung wird zumeist vor dem 50. Lebensjahr festgestellt. Frauen leiden darunter dreimal häufiger als Männer. Etwa acht von zehn Betroffene mit Myasthenia gravis weisen Antikörper gegen Acetylcholin-Rezeptoren auf. Personen mit dieser Erkrankungsform leiden zudem vergleichsweise häufig auch an anderen Erkrankungen, bei denen sich das Immunsystem ebenfalls gegen körpereigene Strukturen richtet, den sogenannten Autoimmunerkrankungen.

Patienten mit Myasthenia gravis mit frühem Erkrankungsbeginn und Acetylcholin-Rezeptor-Antikörpern weisen eher selten Tumore der Thymusdrüse (Thymome) auf. Die Thymusdrüse kann bei diesen Patienten allerdings im Sinne einer sogenannten follikulären Hyperplasie vergrößert sein. Eine Entfernung der Thymusdrüse kann daher sinnvoll sein.

Patienten mit spätem Erkrankungsbeginn und Acetylcholin-Rezeptor-Antikörpern verspüren erste Symptome typischerweise erst nach ihrem 50. Geburtstag. Diese Erkrankungsform betrifft Männer etwas häufiger als Frauen. Antikörper gegen Acetylcholin-Rezeptoren finden sich bei ca. acht von zehn Betroffenen. Tumore der Thymusdrüse sind eher nicht die Regel, eine Vergrößerung der Thymusdrüse wird nur selten festgestellt. Ob eine Entfernung der Thymusdrüse dennoch sinnvoll sein kann, ist im Einzelfall zu klären.

Menschen mit einem Tumor der Thymusdrüse, dem Thymom, leiden besonders häufig unter einer Myasthenia gravis als Begleiterkrankung. Etwa jeder dritte Thymom-Patient entwickelt eine Myasthenia gravis, umgekehrt ist bei etwa 10 bis 15 von 100 Myasthenia-gravis-Patienten ein Thymom vorhanden. Fast alle dieser Betroffenen weisen zudem Antikörper gegen Acetylcholin-Rezeptoren auf. Beim Nachweis eines Thymoms besteht unabhängig von der Ausprägung der MG eine Operationsindikation.

MuSK ist ein Eiweißstoff auf Muskelzellen, der eine wichtige Rolle für die Funktion des Botenstoffs Acetylcholin spielt. Bei etwa einem bis vier von 100 Myasthenia-gravis-Patienten werden Antikörper gegen MuSK gebildet. Gleichzeitig können bei diesen Betroffenen Antikörper gegen Acetylcholin-Andockstellen vorliegen.

Menschen mit MuSK-assoziierter Myasthenia gravis verspüren typischerweise vor allem eine Schwäche der Muskulatur im Bereich von Kopf und Nacken. Sprechen, Schlucken und Kauen fallen ihnen daher oft schwer. Im Gegensatz zu anderen Erkrankungsformen leiden diese Patienten eher selten unter einer Schwäche von Armen und Beinen, auch die Muskulatur der Augen ist oft nicht betroffen.

Die Thymusdrüse ist bei der MuSK-assoziierten Myasthenia gravis meist unauffällig, eine Entfernung der Thymusdrüse wird in diesen Fällen eher nicht angeraten.

LRP4 ist Bestandteil von Muskelzellen und wichtig für die Funktion des Botenstoffs Acetylcholin. Bei ca. zwei von 100 Betroffenen mit Myasthenia gravis werden Antikörper gegen LRP4 gebildet. Diese Erkrankungsform tritt vor allem bei Frauen auf. Die Thymusdrüse ist bei diesen Betroffenen in den meisten Fällen unauffällig.

Die meisten Patienten mit LRP4-assoziierte Myasthenia gravis leiden unter einer milden Myasthenia gravis.

Können keine Antikörper nachgewiesen werden, ist die Diagnosestellung einer Myasthenia gravis häufig besonders herausfordernd. Manche dieser Betroffenen haben durchaus Antikörper im Blut, diese sind jedoch entweder in sehr geringen Mengen vorhanden oder binden nur schwach an ihre Ziele. Dennoch können sie ausgeprägte Beschwerden verursachen. Patienten mit Antikörper-negativer generalisierter Myasthenia gravis haben häufig auch Probleme mit dem Sprechen, Kauen und Schlucken. Ob eine Entfernung der Thymusdrüse sinnvoll ist, muss im Einzelfall entschieden werden.

Welche Beschwerden treten bei Myasthenia gravis auf?

Wichtigstes Symptom der Myasthenia gravis ist die belastungsabhängige Muskelschwäche. Sie beginnt meist im Bereich der Augen und kann im Laufe der Zeit alle Körperregionen betreffen. Dank wirksamer Therapieoptionen können diese Beschwerden in vielen Fällen gut behandelt werden.

Welche Schweregrade der Myasthenia gravis gibt es?

Abhängig von der Art der Beschwerden der Betroffenen und vom Schweregrad der Erkrankung wird die Myasthenia gravis in fünf Klassen eingeteilt:

Klasse I - rein okuläre Myasthenie: Die Myasthenie tritt nur im Bereich der Augenmuskulatur auf, sie ist beschränkt auf die äußere Augenmuskeln und den Lidschluss

Klasse II - leicht bis mäßiggradige generalisierte Myasthenie: Die Erkrankung betrifft weitere Muskelgruppen, oft einschließlich der Augenmuskeln mit einer leichten bis mäßiggradigen Ausprägung

Klasse III - mäßiggradige generalisierte Myasthenie: Die Erkrankung betrifft weitere Muskelgruppen, oft einschließlich der Augenmuskeln mit einer mäßiggradigen Ausprägung

Klasse IV - schwere generalisierte Myasthenie: Die Erkrankung betrifft weitere Muskelgruppen, oft einschließlich der Augenmuskeln mit einer schweren Ausprägung

Klasse V - Betroffene müssen intubiert werden, mit und ohne Beatmung; bei der Notwendigkeit einer Nasensonde ohne Intubation liegt Klasse IVb vor

 

Die Klassen II-IV werden jeweils in zwei Untergruppen eingeteilt

Klasse A: Betonung der Muskulatur in Armen und Beinen, geringe Beteiligung der Muskeln in Mund und Schlund

Klasse B: besondere Beteiligung der Muskeln in Mund und Schlund und/oder der Atemmuskulatur, geringere oder gleich starke Beteiligung von Armen und Beinen oder rumpfnahen Muskeln

QMG-Test

Für die Bestimmung des Schweregrades der Myasthenia bei der Diagnose und im weiteren Verlauf wird häufig der Quantitative-Myasthenia-gravis (QMG)-Test angewendet. Mit diesem standardisierten Test werden die Muskulatur im Bereich der Augen und des Gesichts, die Muskeln, die für Schlucken und Sprechen verwendet werden, die Muskulatur an Armen, Beinen und Händen sowie die Funktion der Lunge beurteilt. Der QMG wird durch medizinisches Fachpersonal erhoben.

MG-ADL-Test

Anhand des Myasthenia-gravis-Activities-of-Daily-Living (MG-ADL)-Tests wird erfasst, in welchem Ausmaß die Erkrankung Aktivitäten des täglichen Lebens beeinflusst. Auch dieser Test kann bei der Diagnose und zur Verlaufskontrolle eingesetzt werden. Der MG-ADL-Test ist als Fragebogen aufgebaut, in dem Betroffene selbst angeben können, wie stark beispielsweise ihre Fähigkeit zu sprechen, zu kauen oder auch ihre Zähne zu putzen eingeschränkt ist.

Wie wird die Myasthenia gravis diagnostiziert?

Die Diagnose der Myasthenia gravis beruht vor allem auf den typischen Beschwerden, dem Alter des Patienten und der Beschaffenheit der Thymusdrüse. Dafür erfragt der Arzt die Vorgeschichte und untersucht den Betroffenen auf körperliche Symptome wie ermüdende Muskeln, unterschiedlich stark ausgeprägte Muskelschwäche sowie die betroffenen Körperregionen. Auch eine Untersuchung der Thymusdrüse kann sinnvoll sein. Darüber hinaus unterstützen Labortests dabei, eine fehlerhafte Impulsübertragung zwischen Nerven und Muskeln, den Erkrankungstyp anhand der ursächlichen Antikörper sowie den Schweregrad zu bestimmen. Diese Untersuchungen helfen, die jeweils sinnvolle Therapie und den Behandlungserfolg objektiv einzuschätzen. Welche Untersuchungen und Tests bei welchem Patienten sinnvoll sind, entscheidet dabei der behandelnde Arzt. Nicht jeder Test wird bei jedem Betroffenen durchgeführt.

Körperliche Untersuchung bei Myasthenia gravis

Klinische Tests

Eine gezielt durchgeführte neurologische Untersuchung kann weitere Hinweise auf das Vorliegen einer Myasthenia gravis geben. Dabei kommen u. a. die folgenden Tests zur Anwendung:

Anzeichen für eine Myasthenia gravis ist eine schlaffe Gesichtsmuskulatur; manche Patienten legen den Kopf in den Nacken, um hängende Augenlider zu kompensieren.

Der Blick wird für mindestens eine Minute nach oben gerichtet; bei vielen Patienten mit Beschwerden im Bereich der Augen können so hängende Augenlider auftreten oder sich verstärken.

Blickt der Patient zuerst nach unten und anschließend geradeaus, kommt es bei Myasthenia gravis typischerweise zu einer überschießenden kurz zuckenden Lidhebung.

Bei Betroffenen mit Augen Symptomen kann eine Kühlung des Auges (z. B. durch einen Eisbeutel) zur Besserung führen.

Dabei wird z. B. die Kraft in den Armen durch längeres Armheben über die Horizontale oder der Nackenmuskulatur durch wiederholtes Anheben des Kopfes im Liegen geprüft; eine Muskelschwäche kann ein Anzeichen einer Myasthenia gravis sein.

Beim Rotglas-Test wird ein rotes Glas vor das rechte Auge gehalten. Beim sogenannten "Lancaster Rot-Grün-Test” wird zusätzlich ein grünes Glas vor das linke Auge gehalten. Wenn nun auf Lichter in unterschiedlichen Entfernungen geblickt wird, kann festgestellt werden, ob ein Schielen vorhanden ist: Befinden sich die Augen in einer Schielstellung, werden zwei getrennte Bilder - ein rotes und ein grünes - wahrgenommen.

Antikörper im Blut Betroffener in der Diagnose der Myasthenia gravis

Antikörper gegen den Acetylcholin-Rezeptor: Eine Testung auf Antikörper gegen den Acetylcholin-Rezeptor im Blut Betroffener ist der erste empfohlene Schritt bei Verdacht auf Myasthenia gravis. Antikörper gegen den Acetylcholin-Rezeptor werden bei etwa acht von zehn Patienten mit Myasthenia gravis festgestellt.

Antikörper gegen MuSK: Auch Antikörper gegen MuSK, einen Eiweißstoff auf Muskelzellen, der eine wichtige Rolle für die Funktion des Botenstoffs Acetylcholin spielt, können im Blut Betroffener erfasst werden. Antikörper gegen MuSK werden bei etwa vier von 100 Betroffenen gebildet.

Antikörper gegen LRP4: Antikörper gegen LRP4 können ebenfalls im Blut erfasst werden. Eine Erfassung dieser Antikörper spielt für die Behandlung der Erkrankung nicht in jedem Fall eine wesentliche Rolle, sie wird daher nicht bei jedem Patienten durchgeführt. Etwa zwei von 100 Patienten mit Myasthenia gravis weisen Antikörper gegen LRP4 auf.

Unterdrückung des Acetylcholin-Abbaus

Bei Myasthenia gravis werden die Andockstellen (Rezeptoren) für den Botenstoff Acetylcholin beeinträchtigt. In der Folge sind höhere Mengen des Botenstoffs Acetylcholin nötig, um dennoch eine ausreichende Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel zu ermöglichen. Acetylcholin wird auch bei gesunden Menschen durch die sogenannte Acetylcholinesterase abgebaut. Zur Diagnostik der Myasthenia gravis kann die Acetylcholinesterase mit Hilfe von Arzneimitteln gehemmt werden. Verbessern sich die Krankheitssymptome nach Gabe eines solchen Acetylcholinesterase-Hemmers, ist das Vorliegen einer Myasthenia gravis sehr wahrscheinlich.

Elektrophysiologie

Bei der Durchführung eines Elektromyogramms (EMG) werden Nerven einer wiederholten elektrischen Reizung ausgesetzt. Die dadurch entstehende elektrische Spannung am entsprechenden Muskel wird gemessen. So kann festgestellt werden, ob die Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel funktioniert. Werden hier bestimmte Auffälligkeiten beobachtet, kann dies den Verdacht auf eine Myasthenia gravis erhärten.

Bildgebung des Thymus

Bei etwa 10 bis 15 von 100 Myasthenia gravis-Patienten ist ein Tumor der Thymusdrüse, ein sogenanntes Thymom, vorhanden. Auch eine Vergrößerung des Thymus tritt bei Patienten mit Myasthenia gravis häufiger auf als bei gesunden Menschen. Eine Untersuchung der Thymusdrüse kann beispielsweise mittels Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT) oder Positronen-Emissions-Tomographie (PET) durchgeführt werden.

Differenzialdiagnostik

Vor allem zu Beginn der Erkrankung kann es sinnvoll sein, vor der Diagnosestellung andere Erkrankungen auszuschließen. Abhängig von den vorliegenden Beschwerden können u. a. folgende weitere Erkrankungen in Frage kommen: Lambert-Eaton-Syndrom, medikamenteninduzierte myasthene Syndrome, Polymyositis, Dermatomyositis, mitochondriale Muskeldystrophie, okulopharyngeale Muskeldystrophie, Guillain-Barré-Syndrom oder auch ein Hirntumor. Für die richtige Diagnose kann es nötig sein, weitere Untersuchungen, wie beispielsweise eine Muskelbiopsie, durchzuführen.